n

neu werden

n
       
 

es ist einige zeit her, dass wir uns zuletzt gesehen haben. wir moegen uns, das ist uns beiden klar. und das merken wir einander an, an der kleinen schuechternheit, die uns beide ueberkommt, als wir uns gegenueberstehen. aber wir wissen nicht genau, warum wir uns nicht ungehemmt in die augen schauen, uns umarmen koennen und fragen: wie geht es dir?

 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  es ist ein klarer tag im winter. wolken am himmel und dazwischen sonnenauf- und wiederuntergaenge in den farben weiss, grau, gleissend-hell und zwielichtig.
       
  ist die sonne weg, sind die seen tief und schwarz, ist sie da, dann sind sie silberne flaechen, ueber die ich schlittschuhlaufen koennte. aber es ist ein milder winter, und eis gibt es nicht. die zeit, als wir einander naeher waren, als wir die tage und auch einige naechte miteinander verbrachten, ist lange her. dann gingen wir beide fort, ich weiss nicht mehr wer von wem, und auch nicht, wer damit anfing. aber selbst wenn ich es gewesen sein sollte, leicht ist es mir nicht gefallen und auch heute noch moechte ich mich dafuer entschuldigen, dir weh getan zu haben.  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
  du laechelst ein bisschen, als wir nebeneinander laufen.   |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| 
       
  ja, ich freue mich auch dich zu sehen.   |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| 
       
  weisst du noch, die dohle? und weisst du noch, der ginster neben der treppe?    |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| 
       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  geheime geschichten aus der alten zeit. wir probieren aus, ob sie heute noch funktionieren. irgendwie funktionieren sie, denn wir wissen sie beide noch. aber sie sind schwach geworden ueber die zeit. und es werden keine neuen geheimen geschichten mehr dazu kommen. das merken wir auch, auf unserem spaziergang durch den alten park.
       
  du wohnst jetzt in boston, ich wohne jetzt in prag. es ist reiner zufall, dass wir beide hier sind. wir haben uns nicht verabredet, wir haetten uns auch nicht verabredet. freunde, die wir besuchen, haben von bekannten gehoert, dass auch du hier bist und ich hier bin. wir wussten voneinander, und du hast angerufen. oder habe ich das gemacht?  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  jetzt laufen wir nebeneinander, leise, vertraut und langsam. die sonne kommt hervor, wir bleiben stehen und halten unsere gesichter ins licht. als sie wieder weggeht, gehen wir weiter.
       
  ich frage mich, ob das ein abschied ist. unsere sprachlosigkeit ist angenehm. an einer weggabelung steht eine feuchte bank.  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  du fragst: wie koennen wir wieder auseinander gehen? ich kann nicht sagen: bis bald, oder mach's gut. es reicht kein erzaehlstrang aus meinem leben in eine zukunft, in der du vorkommen wuerdest. ich fliege fort, und es gibt nichts, was ich dir in einer email mitteilen koennte, oder was ich von dir wissen muesste oder du von mir. ich will dich nicht einladen und dich nicht besuchen. ich will nicht weggehen von dir und ich kann nicht fuer immer auf dieser bank sitzen. ja.
       
  wir sitzen eine weile fuer immer auf dieser bank. es ist wie ein grosser urlaub. ein erzaehlstrang meines lebens taucht wieder vor mir auf. ich weiss nicht, warum ich in prag lebe, was ich dort mache, wen ich dort kenne, wen ich liebe, wer in meinem telefonbuch steht und warum.  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

 

ich bin an einen vertrauten ort zurueckgekehrt, an dem ich nur so lange bleiben kann, bis mir die kaelte des winters in die knochen gekrochen ist. es ist ein milder winter, er gibt mir zeit.

ich sage: ich liebe dich.

du sagst: du bist in meinem leben. ich werde nie ohne dich sein.

ich und du. sie sind alt geworden, so wie wir ueber sie reden. es gibt sie fast nicht mehr.

       
  nach einer weile schauen wir uns an. es wird passieren, dass wir uns wiedersehen, versichern wir uns. wir muessen uns nicht anrufen dafuer und auch nicht verabreden. das alte, magische band wird uns wieder zusammenfuehren.  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  nicht luegen, sagst du, nachdem wir doch noch ein kleines bisschen sitzen geblieben sind. nicht luegen. es wird kalt.
       
  ich moechte dich wieder sehen, sage ich. ich moechte dich besuchen in boston und deine wirklichkeit kennenlernen. sonst geht die erzaehlung verloren an meiner feigheit und der verklaerung der alten zeit. du schaust mich an. ich habe angst davor. wir koenten einander enttaeuschen. darauf laeuft es hinaus. alte bilder vergilben sehen oder neue suchen. wer sucht, wird zweifeln. wer bei sich bleibt, verblasst. lass uns neu werden.  

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

       
 

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||

  die sonne geht weg und selbst die pfuetzen sind jetzt, wo es spaet geworden ist, schwarze, tiefe schluende geworden. der heimweg ist schwierig, denn ich gehe ihn allein, und ueberall lauern abgruende und die gefahren des unbekannten.
       
     

v. am pool

januar 2003