Vorworte | ||
GIR0 bedeutet im internationalen Sprachgebrauch Rundreise, Tour, Umdrehung. GIR0 e.V. steht einerseits dafür, unsere Ideen in vielfältigen Formen anderen Menschen nahe zu bringen. Andererseits sind wir daran interessiert, durch Impulse von außen angeregt zu werden. GIR0 tritt, seit April 2000 als gemeinnütziger Verein, für die Förderung von Kunst und Kultur ein. Nicht zuletzt steht GIR0 auch für einen konkreten Ort: Haus und Garten in der Zwenkauer Straße 25, 04277 Leipzig. |
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Allgemeines | ||
Kooperation entsteht in unserer Gesellschaft meist durch finanzielle Interessen. Darüber hinausgehendes gemeinsames Handeln aufgrund zwischenmenschlicher Beziehungen, der Lust an der Verwirklichung der von verschiedenen Menschen geteilten Ideen sind selten und werden häufig belächelt. |
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Die Repräsentationspolitik der Volksparteien und öffentlichen Institutionen ist allein nicht in der Lage, alle Interessen unserer pluralistischen Gesellschaft zu vertreten und umzusetzen. Auch deshalb organisieren sich immer mehr Menschen in selbstbestimmten Gruppen, die bewußt ohne Parteigebundenheit handeln. |
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Gerade wegen dieser Tatsachen haben wir uns entschlossen, unsere Bedürfnisse zu formulieren und in "unserem" Haus unsere Idee "GIR0" zu verwirklichen. |
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Unsere Idee von freier Entfaltung schafft Räumlichkeiten, wo eigenverantwortliche Projekte und Vereine arbeiten können. Dafür sind gegenseitige Hilfe, Konsensfindung, aber auch Streitkultur wichtige Prinzipien. |
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Grundsätze
wie Antirassismus und Gleichberechtigung verschiedener Lebensentwürfe
sind für uns selbstverständlich. Für Menschen, die andere
aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, Weltanschauung
oder Herkunft ausgrenzen, ist bei uns kein Platz. |
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Das
bedeutet auch, den Austausch von Kulturen in unserem Lebensumfeld mitzutragen
und zu fördern. Unser ausdrückliches Anliegen ist es, minoritären
Gruppen (für Selbstorganisation und Selbsthilfe) unsere Räume
zur Verfügung zu stellen. |
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N a c h b a r G I R 0 | ||
Isolation,
Rückzug in die eigenen vier Wände oder Flucht in das bürgerliche
Eigenheim der suburbanen Vorstädte prägen das "Zusammenleben"
zunehmend auch in ostdeutschen Städten. Gleichzeitig sollen umfangreiche
Überwachungstechniken und Sicherheitskonzepte das alltägliche
Leben in den Kommunen regulieren. |
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Giro sucht
in der Nachbarschaft Gespräch und Kontakt, da institutionelle Kontrolle
die persönliche Auseinandersetzung nicht ersetzen kann und soll. Unser Projekt ist ein Angebot für Menschen aus unserem direkten Wohnumfeld (Stadtviertel), eigene Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen. Damit werben wir bei unseren NachbarInnen für die Akzeptanz unserer und vergleichbarer Lebenskonzepte. Mit Netzwerken der direkten Umgebung, zum Beispiel durch die Mitgliedschaft in der Alternativen Wohngenossenschaft Connewitz e.G., kooperieren wir und haben an stadtteil-relevanten Entscheidungsprozessen teil. |
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Vorsicht!
Kunst. |
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Die
künstlerische Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt begleitet
unseren Alltag. Glück, Freude, aber auch tiefes Entsetzen und Leiden
und vieles mehr können in ihr ihren Ausdruck finden. Kunst ist
immer ein Medium, eine Art sich zu äußern, sich zu begegnen.
"Kunst" oder besser künstlerische Gestaltung ist nie
reiner Selbstzweck, schon weil sie zur Verständigung auffordert. |
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GIR0 bietet dafür einen Ort, an dem Menschen ihre Arbeiten einer Öffentlichkeit zeigen, ohne einer Bewertung nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu unterliegen. Ein Teil der GIR0-Räume wird dazu multifunktional eingerichtet und öffentlich zugänglich sein und z.B. für Ausstellungen temporär genutzt. Für die Möglichkeit einer kontinuierlichen Arbeit verschiedener KünstlerInnen muß es jedoch feste Räumlichkeiten geben, die beispielsweise beständig als Werkstatt und Tonstudio genutzt werden können. Dieses Angebot will GIR0 aufbauen. |
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Die
Illusion einer künstlichen Oase kann ein Produkt sein, das selbst
zu einem temporären und vergänglichen Kunstwerk wird. Dieses "Prozess-Kunstwerk" kann z.B. ein Fest sein, an dessen Emotionalität und Dynamik verschiedene Menschen teilhaben. Dazu ist eine Atmosphäre Bedingung, in der man sich trifft und kommuniziert, ohne Konsumzwang ausgesetzt zu sein. |
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Die
öffentliche Auseinandersetzung kommt heute nicht ohne ästhetisches
Bewußtsein aus. Auch in den Alltag fließt diese künstlerische, gestalterische Perspektive mit ein. So werden bei GIR0 künstlerische Inhalte mit aktuellen gesellschaftlich-politischen Themen verknüpft und die Frage nach dem Verhältnis Kunst-Politik gestellt. |
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Mach
mit! |
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D i e G I R
0 - P r o j e k t e |
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Ausstellungen |
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Die facettenreichen Formen moderner, experimenteller Kunst finden bei GIR0 ihren Rahmen. Ausstellungen von KünstlerInnen, die nicht dem Mainstream folgen, werden von uns auf nichtkommerzieller Basis organisiert und bieten ihnen somit die Gelegenheit, in einem zeitlich begrenztem Rahmen an die Öffentlichkeit zu treten. | ||
Zugleich
wollen wir mittels der Verbindung verschiedener Medien, z.B. von Musik
und visuellen Arbeiten, Menschen in unserer direkten Nachbarschaft ansprechen,
die bisher keinen Zugang zu diesen künstler-ischen Darstellungsweisen
hatten. |
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Treffpunkt.
GIRO. |
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Die
Hälfte der Kellergrundfläche (100 m2) steht für die öffentliche
Nutzung, also für Diskus-sionsabende, Lesungen, Seminare, Vernissagen
u.a. zu Verfügung. Da die Mieten für diese Räume nicht erwirtschaftet werden müssen, fließen alle Einnahmen direkt in die Veranstaltungen bzw. in die Ausstattung (Technik etc). Diese finanziellen Voraussetzungen ermöglichen nichtgewinnorientierte Eintrittspreise. |
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Feste
sind ein wichtiger Bestandteil der Kultur. Durch ihren außeralltäglichen
Charakter sind sie besonders geeignet, das Gefühl von Zusammengehörigkeit
der Menschen, die im Haus tätig sind sowie ihrer Gäste zu
schaffen. Verschiedene Anlässe des gemeinsamen Feierns haben deshalb
einen festen Platz bei GIR0. |
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Hier
werden KünstlerInnen und musikalische Stilrichtungen präsentiert
und verschiedene Aspekte wie Musik, Kunst und Alltagskultur miteinander
verbunden (Integration von Ausstellungen). |
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Unser
Ziel ist es, Solidarität und Völkerverständigung durch
kulturellen Austausch praktisch erfahrbar zu machen. Wir erhoffen uns
durch unterschiedliche Perspektiven anderer europäischer Jugendlicher
(und ihrer Projekte) Anstösse, Kritiken und Verbindungen, die unsere
lokalen Aktivitäten in internationale Zusammenhänge stellen
und uns in europäische Netzwerke einbinden. |
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Etwa 10-12
Freiwillige ("volunteers") werden im Haus wohnen und in Projekten
gemeinsam mit uns tätig sein (Instandsetzung von Haus und Garten,
aber auch Organisation kultureller Veranstaltungen), die ausschließlich
dem öffentlichen Bereich des Hauses zugute kommen. |
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Dabei
erhoffen wir uns auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Projekt
Zwenkauer Straße 25, unserer Auffassung von demokratischer Entscheidung,
unseren Ideen und Zielen. Wir sehen im "giro camp" unseren
Beitrag zu einem Europa, das über marktwirtschaftliche Interessen
hinaus solidarische Verantwortung übernimmt. |
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Auf
dem Programm stehen thematische Gesprächsrunden, Exkursionen, Bewegung
und Baden, gemeinsames Essen und vieles mehr . Auch der Spaß soll
natürlich nicht zu kurz kommen! |
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Getragen wird das giro camp durch die organisatorische Vorbereitung in Verantwortung durch GIR0 e.V. Eine finanzielle Unterstützung durch Stadt und Europäische Union ist für dieses Projekt Voraussetzung und wird beantragt. | ||
giro
intersex |
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Gespräche
und Kaffee, Film, Spaß und Tanzen - ein Ort für Menschen
verschiedener sexueller Orientierungen. Ohne Konsumzwang und Anmachstreß
ist das in Leipzig nur selten, bei giro intersex demnächst regelmäßig
möglich. |
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Darüber
hinaus bietet sich hier die Chance, Begriffe wie Emanzipation, Identität
oder Rollen kontrovers zu diskutieren. Zu einer eigenen (politischen
wie privaten) Auseinandersetzung damit gehören Mut und Vertrauen. |
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Menschen die auf Solidarität und Hilfe bei der Lösung von
Konflikten (Diskriminierung, Coming Out) angewiesen sind, treffen hier
auf eine offene Gruppe von Menschen, die jenseits sozialpädagogischer
Angebote (die in Leipzig kaum vorhanden sind) Unterstützung geben
können. |
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Aktivitäten
von giro intersex werden sich in allen Hausprojekten wiederfinden. |
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Egal
ob lesbisch, schwul, trans, bi oder hetero - giro intersex ist die Adresse
für alle, die ihre Liebe, ihre Sexualität leben wollen. |
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medienexperimente |
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Politische
Entscheidungen werden maßgeblich durch die verschiedenen publizistischen
Medien beeinflußt. Diese sind Ausdruck von bestimmten Interessenverhältnissen.
Zugleich sind sie aber auch Sprachrohr gesellschaftlicher Minderheitenpositionen.
GIR0 will diese Entwicklungen kritisch verfolgen und produktiv mitgestalten. |
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Mediennutzung
wie -gestaltung ist Grundlage für im Haus tätige Initiativen
und Einzelpersonen. Dazu werden Voraussetzungen - sowohl räumlich
wie technisch - geschaffen, die eine Plattform darstellen, auf der Technik
gemeinsam genutzt und Erfahrungen ausgetauscht werden können. |
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Hier
ist mittels Computern und anderen technischen Ausstattungen eine Verbindung
von künstlerischer und publizistischer Arbeit möglich. Geplant sind die graphische Gestaltung von Plakaten sowie die Produktion eines Magazines zur Ankündigung von Veranstaltungen und zur Dokumentation der Aktivitäten im Haus. Alle Projekte können sich via Internet präsentieren. Dazu wird ein Internet-Arbeitsplatz jederzeit zugänglich sein. Grundkenntnisse zur Befähigung des Umgangs mit Medien vermitteln Kurse und Workshops. |
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g
i r o t ø n |
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P r o d u k t i o n |
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Das Audiolabor girotøn ist ein Experimentierfeld für die Produktion verschiedener Formen moderner, insbesondere elektronischer Musik. Hierzu werden technische Möglichkeiten geschaffen, die es KünstlerInnen ermöglichen, ihre Ideen in akkustische Produkte umzusetzen: Es wird ein Tonstudio eingerichtet. | ||
P l a t t f o r m |
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Um
die Kompositionen aufzuführen und der Öffentlichkeit vorzustellen
wird eine Plattform gebildet, die die Interaktion mit dem Publikum ermöglicht. Durch das Feedback der Zuhörer erhoffen wir uns eine ständige Weiterentwicklung musikalischer Ausdrucksformen. Experimente können so an Ort und Stelle durchgeführt werden. Neue, unbekannte Wege sollen beschritten, die Grenzen herkömmlicher Kunstauffassungen überdacht werden, nicht zuletzt durch die Überschneidung verschiedener künstlerischer Genres. |
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D o k u m e n t a t i o n |
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Um
diese Entwicklung festzuhalten, wird ein Musikarchiv eingerichtet, das
den Produzen-tInnen als ein Ausgangspunkt für ihren musikalischen
Weg dienen kann. Mit dem Archiv wird so ein Stück leipziger Geschichte
elektronischer Musik dokumentiert. |
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U m s e t z u n g |
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Die
Anschaffung der technischen Ausstattung kann durch eine Förderung
des sächsischen "Strukturprogrammes Rock" und Leihgaben
von Geräten aus Privatbesitz realisiert werden. Der Unterhalt von Räumlichkeiten und Equipment (z.B. Wartung) sowie die Organisation der Nutzung wird in freiwilliger Tätigkeit geleistet. Sozial verträgliche Nutzungsgebühren sollen laufende Kosten decken. Längerfristig ist auch die Durchführung von Workshops und "Neueinsteiger"-Kursen durch girotøn geplant. |
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bibliogiro |
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Ein Raum im öffentlichen Bereich des Hauses dient als Lesezimmer und Bibliothek. Der Öffentlichkeit soll diese an mehreren Tagen der Woche unentgeltlich zu Verfügung stehen. Die Auswahl der Medien richtet sich nach den Schwerpunkten der im Haus arbeitenden Projekte. Das sind vor allem die Bereiche: | ||
<>
Gesundheits-
und Drogenpolitik <> Genderstudies <> Pop- und Medienkultur <> Philosophie und Ästhetik <> Tontechnik und Musik <> Migration <> Stadtsoziologie. |
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Die
Bibliothek ist zugleich Archiv aller hausrelevanten Materialien und
Themenfelder. Desweiteren wird ein Archiv für Zeitschriften und lokale Veranstaltungsmagazine als auch eine "Flyer-Sammlung" eingerichtet. |
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Die
Bibliothek finanziert sich zunächst durch Sponsoring (Ansichtsexemplare
von Verlagen) und Sachspenden und wird durch freiwilliges Engagement
getragen. |
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GIR0 | ||
in | der | |
Zwenkauer | ||
Straße | ||
25 | ||
In
Leipzig stehen viele Häuser und Objekte leer und sind damit dem
Verfall preisgegeben. Zugleich sind sanierte Häuser für selbstorganisierte
Projekte unerschwinglich und meist nicht geeignet. GIR0 trägt mit der Teilsanierung der Zwenkauer Str. 25 zum Erhalt und zur kostengünstigen Nutzung von Altbausubstanz bei. |
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RECHTLICHES |
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Zwischen
der Eigentümerin LWB (Leipziger Wohnungsbaugesellschaft mbH) und
der AWC (Alternative Wohngenossenschaft Connewitz) wurde ein Erbbaurechtsvertrag
ausgehandelt. Zwischen den BewohnerInnen des Hauses und GIRO e.V. auf
der einen und der AWC auf der anderen Seite wird ein Miet- und Selbstverwaltungsvertrag
ausgearbeitet. |
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SANIERUNG
UND EIGENLEISTUNGEN |
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Ein
Sanierungskonzept liegt bereits vor. Voraussetzung dafür sind Eigenleistungen
von BewohnerInnen und freiwilligen HelferInnen. Die Höhe der Kosten
(Material, Firmen) beläuft sich auf ca. 400.000 DM. Hierfür
wird ein BfS-Kredit durch die AWC aufgenommen. Die Kaltmiete von maximal
6,50 DM/qm setzt sich aus dem Erbpachtzins, der Tilgung des Darlehens,
der Instandsetzungs- und Mietausfalls- und Verwaltungspauschale zusammen. Die Miete für die GIR0-Räume wird in der Anfangszeit jedoch von den BewohnerInnen getragen. |
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BEGRÜNUNG |
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Das
Leben in der Stadt ist geprägt von der Trennung zwischen Öffentlichkeit
(Innenstadt, Straßen, Parks) und Privatheit (Wohnung, Schrebergarten).
Ein "offener" Garten bietet GIR0 die Möglichkeit, beides
zu verbinden. |
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Ein
Konzept zur ökologischen Begrünung von Fassade und Grundstück
wurde in Zusam-menarbeit mit dem EU-Pilotprojekt für behutsame
Stadterneuerung erstellt. In Abstimmung der Eigentümerin LWB und
der Stadt Leipzig ist der Abriß des zum Grundstück gehörenden
Hinterhauses vorgesehen. |
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Mit
der Begrünung wurde bereits begonnen (z. B. durch die Bereitstellung
von Pflanzen durch den Ökolöwen e.V.). Desweiteren werden
wir für das Jahr 2001 nach Fördermöglichkeiten für
die Begrünung suchen. |
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PROJEKTE
+ WOHNEN |
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Die
GIR0-Projekte sind auf ein Miteinander mit den BewohnerInnen angewiesen,
das über eine bloße Zweckgemeinschaft in der Zwenkauer Str.
25 hinausgeht. Dies bedeutet, Konfliktlösungsstrategien, soziale
Kompetenzen sowie Kreativität und Selbstvertrauen zu erwerben. |
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Das symbolische
Aufbrechen herkömmlicher Wohnstrukturen und die Verbindung einzelner
Wohneinheiten sowie die gemeinsame Nutzung von Werkstatt, Garten, Arbeitsräumen
sind Voraussetzung für die Umsetzung der GIR0-Projektideen. |
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Nur
durch freiwilliges Projekt-Engagement und Sanierungs-Eigenleistungen
seitens der BewohnerInnen wird das Experiment GIR0 Früchte tragen
können. |